Weihnachten im Dienst: Ein persönlicher Einblick in die Pflege und soziale Arbeit
Draußen glitzern die Lichterketten und alles wird ein bisschen ruhiger – es ist Weihnachtszeit. Aber im Krankenhaus, Pflegeheim oder in sozialen Einrichtungen läuft alles weiter wie gewohnt. Für viele in der Pflege und Sozialarbeit bedeutet Weihnachten vor allem eins: Arbeiten. Und das oft mit einem Knoten im Bauch, weil man zwischen der Verantwortung für andere und dem eigenen Wunsch nach Zeit mit der Familie hin- und hergerissen ist.
Weihnachten im Dienst: Realität statt Romantik
Wenn man erzählt, dass man an Weihnachten arbeitet, hört man oft Sätze wie: „Das muss doch irgendwie schön sein, oder? Mit den Patienten ein paar Plätzchen essen, Weihnachtslieder singen …“ Ja, solche kleinen Momente gibt es, und sie sind kostbar. Aber die Realität sieht oft anders aus. Krankheiten, Notfälle und Einsamkeit machen auch an Weihnachten keine Pause. Auf der Intensivstation kämpfen Menschen um ihr Leben, in der Jugendhilfe eskalieren Konflikte – und du bist da, um zu helfen, auch wenn du innerlich vielleicht lieber bei deinen Liebsten wärst.
Oft wird mit einer dünneren Personaldecke gearbeitet. Urlaubsanträge müssen gerecht verteilt werden, und das bedeutet, dass die Schichten noch anstrengender werden können. Trotzdem versuchst du, ein Lächeln zu schenken, eine warme Atmosphäre zu schaffen – obwohl du innerlich oft erschöpft bist.
Zwischen Familie und Beruf zerrissen
Die größte Herausforderung an Weihnachten im Dienst ist oft die Zerrissenheit. Du bist nicht nur Pflegekraft oder Sozialarbeiter*in, du bist auch Partner*in, Elternteil, Kind. Du möchtest den Baum schmücken, Geschenke auspacken und einfach mal nur "da" sein. Aber der Dienstplan steht.
- Frühdienst? Du bist abends zu Hause, aber oft so müde, dass du kaum den Kopf heben kannst.
- Spätdienst? Du verabschiedest dich, während die Familie die letzten Vorbereitungen trifft.
- Nachtdienst? Du versuchst tagsüber zu schlafen, während das Haus voller Leben ist, und fährst los, wenn die Kerzen angezündet werden.
Das alles ist belastend. Und oft kommt noch das schlechte Gewissen dazu: gegenüber der Familie, weil du nicht ganz da sein kannst, und gegenüber den Kollegen, weil du dir vielleicht doch mal einen freien Tag gegönnt hast.
Einsamkeit – für euch und für andere
Weihnachten im Dienst konfrontiert dich immer wieder mit Einsamkeit – der deiner Klienten und manchmal auch deiner eigenen. Viele Menschen in Pflegeeinrichtungen oder im Krankenhaus spüren an den Feiertagen besonders schmerzhaft, wer nicht mehr da ist oder nicht zu Besuch kommt. Du bist dann oft der einzige Kontakt, der einzige Halt. Du hältst Hände, hörst zu, tröstest. Und ja, das kostet Kraft.
Gleichzeitig kann es sich auch für dich einsam anfühlen. Wenn du frühmorgens an Weihnachten durch leere Straßen zur Arbeit fährst und hinter den Fenstern die Lichter siehst, fragst du dich manchmal: warum gerade ich?
Die kleinen Lichtblicke
Aber es gibt sie, die kleinen Momente, die alles aufhellen. Wenn Kolleg*innen selbst zubereitetes Essen mitbringen und ihr euch gegenseitig ein paar Minuten Ruhe ermöglicht. Doch trotz aller schönen Momente bleibt es Arbeit. Harte Arbeit. Und die emotionale Aufladung der Feiertage macht manche Situationen noch schwerer – ein Abschied an Weihnachten wiegt besonders schwer, für Angehörige und für euch.
Was echte Wertschätzung bedeutet
An Weihnachten gibt es viele warme Worte von Politikern oder Werbespots, die euch als „Helden“ darstellen. Aber oft fühlen sich solche Gesten leer an. Was wirklich zählt, ist echte Wertschätzung, die über Pralinen und Lobreden hinausgeht.
Wahre Anerkennung bedeutet:
- Verlässliche Dienstpläne, die auch Erholung ermöglichen.
- Genügend Personal, damit ihr euch wirklich Zeit für die Menschen nehmen könnt.
- Faire Bezahlung, die eurer Verantwortung und Belastung gerecht wird.
Ihr seid keine Engel, die sich aus reiner Nächstenliebe aufopfern. Ihr seid Fachkräfte, die unter oft schwierigen Bedingungen anspruchsvolle Arbeit leisten – und das jeden Tag, nicht nur an Weihnachten.
Gemeinsam schaffen wir das
Für alle, die dieses Jahr an den Feiertagen im Dienst sind: Ihr seid nicht allein. Es ist okay, sich müde oder traurig zu fühlen. Es ist okay, sich zu wünschen, woanders zu sein. Diese Gefühle machen eure Arbeit nicht weniger wertvoll – im Gegenteil.
Passt auf euch und aufeinander auf. Nutzt die kleinen Momente, die euch Kraft geben. Und vergesst nicht: Was ihr leistet, ist großartig. Nicht nur, weil Weihnachten ist, sondern weil ihr jeden Tag da seid, wenn ihr gebraucht werdet. Vielen Dank dafür!